Tausend Jahre Bauernland
Von Bauernhöfen und Butterfässern
Entdecke die spannende Geschichte der Landwirtschaft in der Steiermark. Seit über 1000 Jahren prägen Höfe, wie jene in Gröbming, die Region. Von mittelalterlichen Schenkungen an Klöster über die Bauernbefreiung 1848 bis zur Gründung moderner Genossenschaften erzählt diese Station von Freiheit, Gemeinschaft und harter Arbeit. Originale Geräte wie Butterfass, Kupferkessel und Butterwaage lassen die Käse- und Milchwirtschaft lebendig werden:
DIE HÖFE
Nicht immer ist uns bewusst, dass fast alle alten Bauernhöfe viele Jahrzehnte, ja sogar Jahrhunderte vor den Städten und Märkten, vor den Burgen und Schlössern entstanden sind. Für keinen Teil der Steiermark sind so alte Höfe bezeugt wie für Gröbming; ihre Namen beweisen die bayerische Besiedlung der Gemeinde bereits für 1074, d. h. wohl für eine viel ältere Zeit.
Ihre erste urkundliche Erwähnung geht ins 11. Jahrhundert zurück. In der Stiftungsurkunde des Erzbischofs Gebhard von Salzburg 1074 für das Kloster Admont sind als Schenkung u. a. folgende Höfe angeführt:
- EBERHARTINGEN - ist heute das Schörkmayr-Gut
- IRINTAL - heute der Eibentaler
- STEINERN - der Steiner im Winkel HUBE im Winkel - der Ritzinger
- WIZEMANINGEN - der Ringdorfer und Titschenbacher
- SUNDERMANINGEN - die Siedlung Nerwein zwischen Moosheim und Pruggern
- IRMINHARTESDORF - die heutige Siedlung Dorf am Mitterberg
Möge aus der historischen Entwicklung Verständnis für die bäuerliche Tradition und Mitverantwortung für die Veränderungen unserer Zeit erwachsen.
WEG DER BAUERN IN DIE FREIHEIT
Das Jahr 1848 brachte mit der Revolution die große soziale und wirtschaftliche Umwälzung: die Bauernbefreiung.
Die Herrschaften verloren ihre alte Bedeutung und ihren mächtigen Einfluss über Bürger und Bauern.
Die neu erlangte Freiheit hat den Bauern in einer von der beginnenden Industrialisierung gekennzeichneten Entwicklung schutzlos und unvorbereitet getroffen. Er hat noch die finanziellen Folgen der Grundsteuerreform zu tragen und durch den Eisenbahnbau 1875 verliert er auch die Bargeldeinnahmen aus dem Fuhrwerksgeschäft. Zusätzlich bringt die Bahn billiges Getreide aus Ungarn.
Der Durchbruch der allgemeinen Warenwirtschaft hat aber den autonomen und autarken Charakter des frühen Bauernhofs verändert. Der Bauer brauchte viel mehr Geld als je zuvor und hatte auf seinem Hof geringere Möglichkeiten, ständige Einnahmen zu erwirtschaften.
Vorarlberger Bauern kauften verschuldete Höfe an und betrieben Milchwirtschaft und Viehzucht. Unter der Beratung des Schweizers Dr. Schuppli, damaliger Leiter des Grabenerhofes, stellten aufgeschlossene Bauern ihre Wirtschaftsform von Getreidebau auf Grünland mit Viehzucht und Milchwirtschaft um. So war eine gemeinsame Milchverarbeitung zu Butter und Käse für den Verkauf ein Gebot der Stunde.
1781 Leibeigenschaftsaufhebungspatent durch Kaiser Joseph II.
1819 Gründung der k.u.k. Landwirtschaftsgesellschaft durch Erzherzog Johann für die Steiermark
1846 Gründung des „Brotvereins“ für die Armen durch Friedrich Wilhelm Raiffeisen in Deutschland. Zur selben Zeit entstand der erste Selbsthilfeverein: der Spar- und Darlehensverein ohne Gewinnabsicht gegen den Zinswucher.
1848 Antrag im Reichstag für die Aufhebung des Untertanenverhältnisses der Bauern durch den schlesischen Bauernsohn Hans Kudlich: Bauernbefreiung.
1856 waren noch drei Viertel der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft beschäftigt. Erst die Einführung der Fruchtwechselwirtschaft sowie der Viehzucht beendeten die Hungersnot und führten zur sicheren Versorgung der stark wachsenden Bevölkerung. Ein großer Förderer dieser Maßnahmen war Erzherzog Johann. Sein Ziel war die wirtschaftliche und moralische Stärkung des alpenländischen Bauernstandes. Durch die Gründung der k.u.k. Landwirtschaftsgesellschaft mit Sitz für das obere Ennstal in Gröbming entstand hier ein fruchtbarer Boden für Hilfe zur Selbsthilfe.
RAIFFEISEN VORSCHUSSKASSENVEREIN
In diese Zeit fällt die Gründung eines Raiffeisen-Vorschusskassenvereines für den katholischen Teil der Ortsgemeinden Michaelerberg, Mitterberg, Pruggern und Gröbming.
Zum Obmann wird Johann Feichter gewählt, zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates der katholische Pfarrer in Gröbming, Hw. Pater Engelbert Möstl.
Als Buch- und Kassenführer fungiert der Gröbminger Eichmeister Johann Engl.
KÄSEREIGENOSSENSCHAFT GRÖBMING
1896/97 beginnen die Winkler Bauern beim vlg. Prasthofer unter dem Käsemeister Nußbaumer, Emmentaler zu erzeugen. Der finanzielle Erfolg lässt noch auf sich warten, die Milchmenge ist noch gering und die Begeisterung der Bauern, ihre Milch vom Hof zu tragen, hält sich in Grenzen.
So gibt es einige „Sager“ aus dieser Zeit, zum Beispiel:
Ein Bauer ruft nach dem Ersuchen, sich doch auch an der gemeinsamen Käserei zu beteiligen, seinem Ochsen „Hüah!“ zu und pflügt den Acker weiter.
Ein anderer Bauer muss seine Milch selbst zur Käserei tragen, da die Knechte befürchten, eine schlechtere Kost ohne Butterschmalz zu bekommen.
Trotzdem gelingt es, die anfänglichen Schwierigkeiten zu überwinden und mit Hilfe des Vorarlberger Käsereibetriebs Wöhrle dem Gröbminger Unternehmen zum Erfolg zu verhelfen.
1900 wird von Winkler und Gröbminger Bauern eine Käsereigenossenschaft gegründet, Franz Haiger wird zu deren Obmann gewählt. Nach zweijähriger Bauzeit steht der Neubau der Emmentaler-Käserei Gröbming und wird 1902 feierlich eröffnet.
1. BÄUERLICHE FORTBILDUNGSSCHULE
Aus der Erkenntnis, dass der Bauernstand die großen Veränderungen und Anforderungen der Zukunft nur mit einer gediegenen Ausbildung bestehen kann, nimmt es nicht Wunder, dass es 1903 durch die Unterstützung von Pfarrer Engelbert Möstl und Franz Haiger vlg. Förster zur Gründung der 1. bäuerlichen Fortbildungsschule in Österreich kommt. Zur Leitung dieser Schule wird der junge Oberlehrer Franz Wamprechtsamer bestellt.
Bis 1904 werden 23 Bauernkinder jeweils am Sonntag-Vormittag nach dem Kirchenbesuch für rund 2 Stunden von Dir. Wamprechtsamer unterrichtet („Sonntagsschule“). Die Schule wird in das St. Martin-Bildungswerk eingegliedert.
1918 tritt Dir. Friedrich Pribitzer seine Nachfolge an.
Ab 1934 lenkt Dir. Fink bis 1961 die Geschicke der Gröbminger Bauernschule. Während dieser Zeit stirbt Franz Wamprechtsamer (am 26.2.1956) 82-jährig in Gössing.
1961 übernimmt Dir. Karl Springer die Leitung der Fortbildungsschule.
1962 beschließt der steirische Landtag das bäuerliche Berufsschulgesetz.
1982 gelingt es durch die Initiative von Dir. Gerharter in Zusammenarbeit mit der Familie Stiegler / Moser-Loy, die Schule in deren Haus aufzunehmen. Nach Umbauarbeiten des Gastbetriebes kehrt die Ausbildungsstätte wieder an ihren Gründungsort zurück und begrüßt am 3.10.1983 die ersten Schüler.
1988 beginnt man, die Zeichen der Zeit erkennend, mit einer zweiberuflichen Ausbildung: Neben der gründlichen theoretischen und praktischen Ausbildung in der Landwirtschaft wird begabten und talentierten Schülern die Möglichkeit geboten, im Rahmen einer Fachausbildung den Zweitberuf des „Steirischen Landesskilehrers“ kostenlos zu erwerben.
1990 beginnt die dreiberufliche Ausbildung: Land- und forstwirtschaftlicher Facharbeiter / qualifizierte gewerbliche Ausbildung (95 Möglichkeiten) / Steirischer Landesskilehrer.
2011 wird der Neubau der Fachschule für Land- und Ernährungswirtschaft in Gröbming seiner Bestimmung übergeben.
In „Rückkehr zum menschlichen Maß“ von E. F. Schuhmacher ist zu lesen:
„Der moderne Mensch erfährt sich selbst nicht als Teil der Natur, sondern als von außen kommende Kraft, die dazu bestimmt ist, die Natur zu beherrschen und zu überwinden.
Er spricht sogar von einem Kampf gegen die Natur und vergisst, dass er auf der Seite der Verlierer wäre, gewänne er den Kampf.“
Wo wurde die erste Bauernschule in Österreich gegründet?
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